(Artikel aus der Zeitung Der Patriot, 1. Juni 2022)
Schwere Schäden, schweres Gerät: Noch am Abend des Tornados waren die ersten Mitarbeiter der Firma Knepper ausgerückt und waren als schnelle Einsatzhilfe nicht nur beim Freiräumen von Straßen aktiv; gemeinsam mit der Stadt und den Einsatzkräften evakuierten sie auch Bewohner aus einigen Häusern, da in der Artilleriestraße weitere Bäume umzukippen drohten (sie wurden dann tags darauf im Hellen gefällt).
Vom speziellen Teleskop-Stapler über Bagger mit Bauschere bis zur „Hand-Truppe“, der Lippstädter Recycler und Entsorger dürfte zu jenen Firmen gehören, dessen Wagen zu den meistgesehenen im Stadtbild zählen: Mit sechs Lkw und sieben Baggern sei man am ersten Wochenende unterwegs gewesen und zusätzlich von Partnerfirmen – etwa aus Delbrück, Geseke oder dem Sauerland – unterstützt worden. Auch jetzt noch seien eine Handvoll Fahrzeuge und etwa 20 Mitarbeiter im permanenten Einsatz, berichtet Hendrik Schäfer.
Er leitet bei Knepper den operativen Teil der Abbruch-Sparte. Was Bauschutt und Müll angehe, brächte der Tornado in Lippstadt dabei schon eine Besonderheit mit sich – und das seien nicht etwa die Mengen: In den ersten fünf Tagen kamen zum Beispiel insgesamt 350 Kubikmeter Sperrmüll zusammen; etwa doppelt so viel wie gewöhnlich. Ob Gartenstühle, Pavillons, Dachhäute, mobile Swimming-Pools: Bei einer Vorsortierung werden daraus noch verwertbare Materialien wie Holz oder Metall separiert und dem Wirtschaftskreislauf wieder zugeführt, der Rest ist ein Fall für die Müllverbrennung zwecks Stromerzeugung.
Und die Unmengen an Dachziegeln? Ähnlich wie beschädigtes Mauerwerk gehören sie zum Bauschutt, wovon in den ersten Tagen knapp 300 Tonnen anfielen – 20 Prozent mehr als sonst, bilanziert Schäfer. Dieser wird recycelt und zum Beispiel zum Schottern des Untergrunds neuer Parkplätze oder Straßen benutzt. „Mit solchen zusätzlichen Mengen können wir in jedem Fall umgehen“, erklärt Schäfer zum reinen Volumen an Abfuhrmaterial. Für eine Bilanz wäre es aber noch viel zu früh: „Die Aufräumarbeiten laufen ja noch. Da kommen nochmal weitere Mengen.“
Herausragend ist jetzt jedoch schon der Grün- und Astschnitt: Bei Knepper landeten vorerst rund 2500 Kubikmeter, das entspricht etwa einer Menge von sonst drei Monaten. Schäfer: „Das wird nicht verbrannt, sondern in verschiedenster Form wiederverwertet.“
Die Herausforderung beim Tornado sei auch eine andere gewesen: Die Aufgaben fielen ja nicht an einer einzigen Baustelle an, sondern gleichzeitig an ganz vielen unterschiedlichen Orten. Für Abbruchaufträge und Containerbestellungen habe man denn auch teils etwas umdisponieren müssen, sei damit aber bei den Kunden auf Verständnis gestoßen. „Es hat ja jeder mitbekommen, was hier in Lippstadt passiert ist.“
Drei Dinge stellt der 48-Jährige zudem heraus: Die große Solidarität in der Belegschaft, schließlich boten viele Kollegen noch am Freitag oder Samstag freiwillig ihre Hilfe an. Die Erfahrungen aus dem Hilfseinsatz im Ahrtal, auf die man nun zurückgreifen konnte – wenn auch unter veränderten Umständen. Und die Vorsicht, mit der beim Aufräumen zu Werke gegangen wird: „Auch dabei kann ganz schnell etwas passieren. So ein Einsatz lässt sich ja nicht so durchplanen wie eine Baustelle. Gut war, dass wir erst kurz vorher die Kollegen in einem Wochenend-Seminar zum Arbeitsschutz geschult hatten.“
ESG: Bislang keine Auffälligkeiten
Auf dem Knepper-Gelände ist auch eine Annahme der ESG (Entsorgungswirtschaft Soest) angesiedelt. Für diese berichtete am gestrigen Mittwoch Michael Triphaus, stellvertretender Leiter für den Bereich Dienstleistungen: „Weder die Anlieferzahlen noch die Mengen sind im Mai auffällig gewesen.“ Auf Patriot-Anfrage konstatierte er nach einer schnellen ersten Auswertung für den Mai durchschnittlich 117 Anlieferungen pro Tag („das ist im Bereich des Üblichen, im März waren es 127“) und insgesamt 1057 Grün-Anlieferungen im gesamten Mai („absolut im Schnitt“). Beim Sperrmüll gebe es bislang ebenfalls keine Auffälligkeiten. Auch ihm ist aber bewusst, dass es für eine Bilanz noch zu früh sei – zunächst gehe es ja vielerorts darum, Dächer dicht zu machen. Vielleicht würde dann noch Material folgen (etwa feucht gewordenes Laminat); ebenso wie Grünschnitt, der jetzt mancherorts noch nicht im Fokus stehe. Dass jede entsorgte Tonne bezahlt werden müsse, liege nicht an fehlender Solidarität innerhalb des Kreises, sondern sei ein recht komplexes gebührenrechtliches Problem, so Triphaus auf Nachfrage – übrigens ähnlich wie nach den Hochwasserschäden in Soest.
Stadt will Wert- und Brennholz vermarkten
Entsprechend logisch scheint es, dass die Stadt Lippstadt das Wertholz (also die Stämme) für den Möbelbau zu vermarkten plant; ebenso wie das, was als Brennholz geeignet ist. Die Aufgabe wird der Fachdienst Grünflächen übernehmen – allerdings wohl frühestens Mitte des Monats, schließlich ist er laut Stadt-Sprecherin Miriam Schleifer personell noch stark in die Verkehrssicherung eingebunden. Astwerk und Grün würden an Entsorger übergeben, die es je nach Qualität und Beschaffenheit verwerteten – beispielsweise für Landwirtschaft, Kompost, Blumenerde. Nach wie vor könne man nicht abschätzen, wie viele Bäume beim Tornado insgesamt umgestürzt sein oder danach gefällt wurden.
©Axel Schwade, Der Patriot, 1. Juni 2022